Klartext – Liebe Julia, wie genau würdest Du Dein berufliches Neuland beschreiben?
Ich bin derzeit noch Studentin an der Universität Trier und habe 2014 den Schritt gewagt, und mein eigenes kleines Start-Up für transparente Bibliotheks-Taschen gegründet. Was zu Anfang nur eine Idee in meinem Kopf war, ist zu einer großen Leidenschaft geworden und aktuell bin ich bereits bei Taschenmodell Nummer 4 angekommen! Berufliches Neuland ist für mich mein eigener Chef zu sein als Gründerin und meine eigenen Ideen kreativ umzusetzen ohne dabei meine universitäre Ausbildung zu vergessen.
Motivation – Was treibt Dich an?
Leidenschaft. Wenn man für eine Idee brennt, dann muss man diese umsetzen. Genauso ging es mir mit meinem ersten Taschenmodell. Ich wollte unbedingt diese Tasche designen und verkaufen – die Umsetzung war nicht immer einfach, aber letztlich hat es sich definitiv gelohnt!
Überwindung – Wovor hattest Du Angst? Bzw. Was hat Dich anfänglich zurückgehalten, Deine Idee zu realisieren?
Ich hatte Angst zu Scheitern. Denn ich habe mich immer gefragt, was andere denken werden, wenn ich erzählen muss, dass ich meine Investition in den Sand gesetzt habe. Aber letztlich bleibt die Erkenntnis, dass ohne Investition kein Gewinn entstehen kann. Und ohne Gewinn gibt es keinen Erfolg. Ich vergleiche mein Start-Up immer gerne mit dem Bau eines Hauses. Jede Maßnahme die man ergreift um sein Projekt zu realisieren, ist ein Baustein der eigenen Idee. Und erst wenn man alle Bausteine übereinandergeschichtet hat, kann man sehen ob es funktioniert, wer erst gar nicht beginnt, wird nie erfahren ob die Idee Bestand gehabt hätte. Und wer schon mal gebaut hat weiß, dass Baufehler auf der Tagesordnung stehen – aber auch diese lassen sich ausbessern. Und so halte ich es auch mit meinen Projekten, funktioniert etwas nicht, muss es beim nächsten Mal noch besser gemacht werden.
Unterstützer – Wer oder was hat Dir geholfen, Dein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren?
Mein Ziel war es, eine eigene transparente Bibliothekstasche für Studenten zu entwerfen, die auch bezahlbar ist. Zu Beginn haben mich meine Eltern sehr unterstützt, nicht nur finanziell, sondern auch an der Erarbeitung der ersten Tasche war meine Mama maßgeblich beteiligt. Auch heute steht mir meine Familie immer zur Seite und springt beim Versand der Taschen gerne mit ein, wenn ich viel für die Uni zu tun habe.
Stolpersteine – Welches Talent hat Dir über schwierige Phasen hinweg geholfen? Und was hast Du daraus gelernt?
Ich bin ein durchweg positiver Mensch – Rückschläge kann ich meistens gut wegstecken. Natürlich ist man immer niedergeschlagen, wenn etwas nicht wie geplant läuft – beispielsweise habe ich mal 2000 Tasche bestellt, die Mustertasche war qualitativ hochwertig, als dann aber die Ware geliefert wurde, war diese absolut mangelhaft. Da ich meine Taschen in China fertigen lasse, ist die Rückgabe schwierig bzw. aufwendig und das Geld sieht man ebenfalls nie wieder. Damals dachte ich, dass es das nun mit meiner Idee war, ich gescheitert bin, jedoch habe ich auch hier eine Lösung gefunden.
Der Glaube an die eigene Idee und der Wille, dass es funktionieren kann, lässt einen immer wieder Wege finden, Negatives in Positives umzuwandeln.
Diese drei Schritte helfen mir immer weiter:
1. Nicht lange Zweifeln!
2. Problem suchen, Fehler erkennen
3. Lösung finden
Erfolg – Was war der schönste Moment?
Der Moment, als ich mein erstes eigenes (!!!) Taschenmodell in den Händen hielt. Vor Freude bin ich damals durch den ganzen Raum gesprungen und konnte es kaum glauben, dass ich nun endlich meine Idee umsetze. Bis heute kann ich es immer kaum erwarten das Mustermodell per Post zu erhalten – das Aufreißen der Verpackung und das Erblicken der Tasche verschafft mir unendliche Genugtuung.
Neuland – Was hättest Du auf Deinem Weg nie für möglich gehalten?
Das aus einer kleinen Idee eine große Leidenschaft wird. Zu Anfang war es nur ein Projekt, ich wollte wissen, ob es funktionieren kann. Dann haben meine Taschen und mein kleines Unternehmen eine Leidenschaft in mir entfacht für die es sich lohnt neben dem Studium zu arbeiten.
Neuorientierung – Welche drei Tipps gibst Du Gleichgesinnten (Gründerinnen) mit auf den Weg?
Durchhaltevermögen ist unabdingbar. Meistens klappt nicht alles zu Beginn einwandfrei, man darf aber nie den Glauben an die eigene Idee verlieren, denn wie soll man etwas „verkaufen“ was man selbst schon lange aufgegeben hat? Das führt mich auch zum nächsten Tipp: Überzeugungskraft. Menschen wollen begeistert werden und wollen sehen, dass jemand für seine eigene Idee brennt und es sich lohnt das ganze auszutesten – wenn man selbst überzeugt ist, kann man alle anderen leicht vom eigenen Projekt, oder in meinem Fall Produkt, begeistern. Letztlich braucht jeder einen Mentor oder eine Mentorin, jemanden der einen unterstützt und einem die notwendige Anerkennung gibt, die einen ermutigt die eigenen Ziele zu verfolgen.
Ressourcen – Was ist Dein Lebensmotto?
Ich lebe nach dem Motto, dass ich, wenn mich etwas nicht mehr loslässt, ich so lange daran arbeite, bis ich es erreicht habe. Johann Wolfgang von Goethe hat dazu sehr passend formuliert: „Erfolgreich zu sein setzt zwei Dinge voraus: Klare Ziele und den brennenden Wunsch, sie zu erreichen.“ Zudem muss mir das, was ich mache, Spaß machen und mich interessieren. Mir fällt es schwer für Dinge zu arbeiten mit denen ich mich nicht voll identifizieren kann.
Zukunftspläne – Was ist Dein nächstes Projekt als Gründerin?
Ich arbeite derzeit an einer neuen Tasche für meinen Shop. Denn sobald ich ein Modell im Verkauf habe, merke ich schnell, was verbessert werden kann. Das notiere ich mir und versuche beim nächsten Taschendesign alle „Mängel“ zu beseitigen.
Ich würde zudem gerne eigene Taschenmodelle in einem Trierer Shop verkaufen – dazu läuft aktuell die Planung.
Inspiration – Wer oder was hat Dich inspiriert (Andere Gründer/innen, Bücher, etc.)?
Mein großes Vorbild ist ganz klar Judith Williams. Sie hat sich selbst verwirklicht und ihre Leidenschaft für verschiedene Produkte auf eigene Weise umgesetzt. Das bewundere ich sehr!
Ein Buch das mich tief beeindruckt hat, ist John Streleckys „The Big five for Life“. Der Autor beschreibt Verhaltensweisen, die einen guten Chef ausmachen. Die Geschichten regen zum Nachdenken an und führen zu der unausweichlichen Schlussfolgerung, dass jeder Mensch sich fragen sollte: Was macht mich glücklich? Und wie kann ich mein Glück verwirklichen? Ich bin der Meinung, wenn jeder das machen würde was er gerne tut, wäre jeder in seinem Job deutlich besser und produktiver. Beispielsweise arbeite ich lieber an meinem Taschenprojekt als für ungeliebte Fächer in der Uni zu lernen ;-)
Freizeit – Wo trifft man Dich?
Ich liebe Basketball – wenn ich also frei habe findet man mich meistens in einer Halle oder im Sommer auf dem Freiplatz. Sport hilft den Kopf frei zu bekommen und ist eine super Ablenkung. Die Kombination aus Sport und Freunde treffen ist perfekt um Abzuschalten und mit neuer Energie in die nächsten Projekte zu starten.
Liebe Julia,
wie schön, dass Du so herzerfrischend offen und unprätentiös über Deine Erfahrungen als Gründerin berichtest, vielen Dank dafür! Ich finde, dass Du ein tolles Vorbild für andere (junge) Frauen bist mit Deinem Mut, Elan und einer gehörigen Portion Pragmatismus – weiter so!!!
Liebe Grüße,
Susanne