Klartext – Liebe Irena, wie genau würdest Du Dein berufliches Neuland beschreiben?
Bevor ich zu meinem Neuland komme, muss ich ein wenig ausholen J: Theater und Film haben mich schon als Kind fasziniert. In der Schule war ich in verschiedenen Theater- und Musikgruppen. Nach dem Abitur habe ich versucht in der Warschauer Filmhochschule einen Studienplatz zu bekommen – leider ohne Erfolg.
Ich bewarb mich also zuerst als Chorsängerin direkt in einem Musiktheater in Warschau. Es war ein sensationelles Jahr für mich: Ich war Teil des Theaters, ich konnte im Chor singen, ich tanzte und spielte Mini –Rollen. Das war meine Chance und ich war absolut beseelt!
Allerdings war die politische Situation in Polen auf Grund der schlechten Wirtschaftslage äußerst angespannt. Im Dezember 1981 wurde in Polen der Ausnahmezustand verhängt. Zu dieser Zeit war ich zufälligerweise gerade zu Besuch bei Verwandten in Deutschland.
Polen wurde abgeschirmt, die Grenzen geschlossen und telefonische bzw. postalische Kontakte wurden unterbunden. Die Bilder aus Warschau, die das deutsche Fernsehen damals übertragen hat, waren sehr bedrohlich und bedrückend: Militär auf den Straßen und verängstigte Menschen… Das war der Moment, in dem mir klar wurde, das mein Leben eine völlig andere Richtung nehmen würde…
Jetzt musste ich mich zuerst um meinen Lebensunterhalt in Deutschland kümmern: Die Sprache erlernen, mein Kind großziehen und mir eine berufliche Zukunft zu suchen.
Neben vielen Aushilfsjobs und einem Studium an der Fern-Uni machte ich eine Ausbildung zur Pharmareferentin.
Nach vielen Jahren in diesem Beruf hatte ich wieder Luft und Zeit, mich mit anderen Dingen zu beschäftigen: Ich kaufte mir eine Kamera und filmte alles, was mir vor die Linse kam. Die ersten Filme waren da. Ich wollte aber besser filmen, besser schneiden. Ich bin zur Filmschule zu Workshops nach Köln gefahren, habe nächtelang viel gelernt und bin oft vor dem PC eingeschlafen. Ich war absolut besessen davon, meinen Traum „nachzuholen“. Ich holte mir Experten nach Hause und arbeitete hart. Und siehe da: peu à peu bekam Aufträge….
Ich habe es tatsächlich geschafft und bin Filmemacherin! Manchmal bin ich selbst über mich erstaunt J. Mit meinem Unternehmen ProWerbefilm realisiere ich seit vielen Jahren Produkt-/Branding- und Imagefilme für Unternehmen.
Motivation – Was treibt Dich an?
Die Begeisterung ist meine Motivation! Ein Film läuft schon lange in meinem Kopf bevor ich die Kamera auspacke. Was soll ich sagen? Es fühlt sich einfach wunderbar an und ich habe das Gefühl: alles ist machbar.
Überwindung – Wovor hattest Du Angst? Bzw. Was hat Dich anfänglich zurückgehalten, Deine Idee zu realisieren?
Früher hatte ich Angst, mich zu blamieren. Jetzt denke ich mir: Na und? Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!
Unterstützer – Wer oder was hat Dir geholfen, Dein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren?
Anfangs waren es die ersten Kunden, die mich bestärkt haben weiter zu machen. Viel Unterstützung bekam ich aber natürlich auch von meinem Mann.
Stolpersteine – Welches Talent hat Dir über schwierige Phasen hinweg geholfen? Und was hast Du daraus gelernt?
Meine Sturheit und Besessenheit bringt mich manchmal weiter. Aber strenggenommen ist das kein Talent, oder? J Diese Besessenheit hat mir auch über viele Fehler hinweg geholfen am Ball zu bleiben: Einmal zu Anfang hatte ich die Aufnahmen schon im Rechner, dann stürzte der PC ab – da ich keine Sicherungskopie gemacht hatte, war alles futsch! Nun gut, das waren die ersten Erfahrungen… So etwas passiert mir heute nicht mehr.
Erfolg – Was war der schönste Moment?
Ich kann mich noch sehr gut an meinen ersten Filmauftrag erinnern. Es war an einem wunderschönen, sonnigen Tag. Es überkam mich ein schönes Gefühl und ich dachte: So, jetzt mache ich das, was ich immer wollte.
Neuland – Was hättest Du auf Deinem Weg nie für möglich gehalten?
Dass ich soweit komme!
Neuorientierung – Welche drei Tipps gibst Du Gleichgesinnten mit auf den Weg?
Auf die eigene, innere Stimme hören
Die Begeisterung beibehalten – Träume weiterverfolgen
Netzwerke bilden – lernen, helfen und sich helfen lassen
Ressourcen – Was ist Dein Lebensmotto?
Alleine kommt man nicht sehr weit.
Zukunftspläne – Was ist Dein nächstes Projekt?
Konkret ist es noch nicht, aber ich habe Ideen für einen Kurzfilm für arte. Außerdem will ich Werbevideos bezahlbarer machen.
Inspiration – Wer oder was hat Dich inspiriert (Vorbilder, Bücher, etc.)?
Natürlich sehe ich die Filme berühmter Filmemacher mit viel Aufmerksamkeit. Ich versuche aber bewusst spontane Wahrnehmungen als Inspirationsquelle zu nutzen…
Freizeit – Wo trifft man Dich?
Beim Spazieren, Shoppen, Fahrradfahren und bald Golfspielen…
Liebe Irena, herzlichen Dank dafür, dass Du uns an Deinen Erfahrungen auf diese Weise teilhaben lässt! Der Austausch und die Zusammenarbeit mit Dir machen einfach Spaß!
Und an alle dort draußen, die Ideen für eine Selbstständigkeit in sich tragen oder bereits gegründet haben: wir freuen uns über neue Gesichter und einen regen Austausch bei unserem Gründerinnen-Stammtisch in Trier.